Samstag, 29. Juli 2017

HENNES ELEVEN Matthias Scherz

Matthias Scherz
Stieg dreimal ab und viermal auf

Zehn Jahre spillte d’r Matthes für'n Effzeh. Seine erfolgreichste Saison spielte der Außenstürmer in der Saison '02/'03. Beachtliche 18 Mal schrieb er sich in die Torschützenliste ein. Bereits nach dem 30. Spieltag stand der direkte Wiederaufstieg fest. Weswegen man in der Folge die vier weiteren Partien souverän vergeigte.

Gefeiert wurde natürlich trotzdem!

Im Anschluss an das letzte Heimspiel lud der Verein auf die verregneten Vorwiesen des Müngersdorfer Stadions ein. Eine Viertelstunde vor Spielschluss verließen wir das Stadion. „Komm’ wir gehen, die haben draußen bestimmt schon den Bierstand auf!”, sprach Feiden. Wir verließen unsere Plätze und schauten uns die Ausführung des Strafstoßes, den Dr. Fleischer – ja wieder der, ich schwör’s euch - soeben Eintracht Trier zugesprochen hatte und der in der Folge zum 1:3 Endstand führte, gar nicht mehr an.

Die Erfahrung hatte auch diesmal unseren Silberrücken nicht getrogen. Die Seitenwände des Getränkewagens waren hochgeklappt. Binnen der nächsten viertel Stunde füllte sich die Wiese, sowie unsere fünf Mann starke Truppe. Auch ein paar Freundinnen und Freunde kamen noch dazu, die zwar das Spiel, nicht jedoch die Aufstiegsparty verpassen wollten. Denn wie immer war uns ja klar, dies ist die letzte Aufstiegsparty der Vereinsgeschichte.

Eine Frau, die für die Kölnische Rundschau schrieb nutzte ebenso unser frühes Erscheinen. Sie fragte uns, wie wir die Saison bewerten und ob es nicht schade ist, dass ausgerechnet heute die Mannschaft wieder verliert. Ich entgegnete ihr, dass zum Einen ja noch gar nicht klar ist, ob wir das Spiel nicht noch 4:3 drehen, da ja noch nicht Schluss ist und zum Anderen dass wir uns die Stimmung von so profanen Tatsachen wie Ergebnissen nicht vermiesen lassen. Damit war ihre Neugier erschöpft.

Eine Freundin stachelte uns an das VIP Zelt hinter der aufgebauten Bühne zu stürmen. Wir hatten sowas Ähnliches ein paar Wochen vorher auf einem Konzert erfolgreich bewältigt, daher bremste ich sie nicht in ihren Bemühungen.
Minuten später trennte uns nur noch ein Zaun von diesem wichtigen Personenkreis. Wir verabredeten auf drei den Zaun zu überwinden. Ich hörte drei, ich überwand den Zaun. Auf der wichtigen Seite zog ich mich ins Zelt zurück und wartete auf die Anderen.
Sie kamen nicht.
Stattdessen rannten ein paar Securtity Typen hektisch durchs Zelt. Ich hatte währenddessen meine blaue Jacke und schwarze Mütze abgelegt, stand im FC Trikot neben einer Frau Typ feine Tochter und verwickelte Sie mit dem Satz, „das ist schon schade, dass es ausgerechnet heute so regnet”, in ein kurzes, vor Stumpfsinn tropfendes, schmales Gespräch. Was auf den Sicherheitsfachmann jedoch so wirkte, als gehörte ich schon seit Stunden dazu. Die Fahndung wurde eingestellt.

Ich freundete mich schnell mit der Situation an. Dreimal traf ich Hans Schäfer - flankte 1954 nach innen - auf dem Weg zum Colastand. Schelmisch wissend grinsten und nickten wir uns beim dritten Mal zu. Er nahm den Weg auch nur auf sich, um sich von der schönsten Frau im Zelt für einen kurzen Moment bedienen zu lassen. Schäfers Hans, alter Player!
Irgendwann kam die Mannschaft in das Zelt und verstreute sich sofort in alle vier Himmelsrichtungen. Überall dahin wo es etwas zu mampfen gab. Lustig zu beobachten, wie Lottner und Scherz bemüht waren alle wieder zusammen zu trommeln, um gemeinsam kauend die Bühne zu betreten. Davor warteten ja ihre Fans.
Hier unter den wichtigen Personen wirkten einige doch sehr Fußball fern. Ein Herr nicht. Er ging in die Offensive. Ungefragt teilte er mit mir sein Wissen über den Verein. Ihm brachte ich immer neues Bier mit. War ja eh umsonst. Seinen Begleitern nicht. Da sie aber mit mir genauso wenig anfangen konnten wie ich mit ihnen, stimmte die Rechnung. Ihr redseliger Begleiter stellte sich irgendwann als Chef der Stadtsparkasse vor.
Mittlerweile war die Mannschaft auf der Bühne, die FC Hymne erklang.
Der Direktor der bürgerlichen Münzen und Scheine nahm mich in den Arm. Wir schunkelten uns ein. „Kein Gegröle!”, sprach er warnend mit hoher Stimme aus. Hatte ich eh nicht vor. Hier unter so vielen Menschen die nicht mitsangen. Genaugenommen sangen im ganzen VIP Zelt nur zwei Menschen inbrünstig mit. Der Stadtsparkassen Chef und ich. Zwischen Kehrvers und Strophe beugte er sich etwas nach vorn, hob den Zeigefinger, sah mir tief in die Augen und ermahnte: „Schön Ton halten! Schön Ton halten!” Das Schön gesprochen mit drei Ö.

Ich hielt Ton. Aber ich dachte auch an meine Freunde. Das glauben die mir nie! Die denken doch ich spinne, wenn ich Ihnen vom Colagirl und vom schön Ton halten erzähle.
Eigentlich waren sie ja gar nicht so weit weg. Sie standen vor der Bühne. Bestimmt wieder links hinten am Bierstand.
Ich ging auf die Bühne. Da hatte Dirk Lottner gerade das Mikro übernommen und sprach ein paar Sätze. Ich drängelte mich bierbeseelt durch die Reihen der Spieler bis in die erste Reihe. Dort hob ich meinen Arm winkend in Richtung Bierstand. Hier bin ich!

„Wer ist das?”, hörte ich. Dann tat es weh. Eine Security Kante checkte mich weg, eine andere fing mich unsanft auf, zu zweit schmissen sie mich von der Bühne und aus dem VIP Zelt. Auf die Wiese sollte ich auch nicht mehr. Also nahm ich die Bahn und fuhr nach Hause.

Am nächsten Tag brach ich in aller Frühe beruflich nach Schwerin auf. Total verkatert stand ich morgens am Kölner Hauptbahnhof, versuchte Kaffee zu trinken und etwas Zeitung zu lesen.
Die Überschrift zum Bericht über die Kölner Aufstiegsfeier lautete:
„Die Stimmung lassen wir uns nicht vermiesen!”.
Das sach ich dir.

Auf eine spannende Zweitligasaison 2017/18!

 
Buenos dias Matthias, mir sin widder do!


Bildquelle: Bongarts / Getty Images

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